"Nix für oguat" mit Rolf Gerlach:

11. März 2017 - 19:30

Mundart-Autor Rolf Gerlach kommt mit seine schwäbische Gedicht’ ens Cafe-Bricklebrit.

Ein begnadeter Rezitator seiner eigenen Gedichte: Rolf Gerlach
Ein begnadeter Rezitator seiner eigenen Gedichte: Rolf Gerlach

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“I ben als echter Schwob gebora, em Ländle han i’s Herz
verlora. I han für Schwobanachwuchs gsorgt, han älles zahlt, no nie was borgt.” Mit diesem stolzen Bekenntnis zur eigenen Stammeszugehörigkeit beginnt das neueste Büchle des schwäbischen Mundatrautors Rolf Gerlach aus Pleidelsheim bei Ludwigsburg. ” Oh lass halta!”, so der Titel dieses schön aufgemachten Gedichtbandes ist nun schon das dritte Buch des literarischen Späteinsteigers Gerlach. Denn erst mit über 50 Jahren entdeckte er seinen Hang zur Poesie, sein Talent zum Schreiben …

Rolf Gerlach ist eigentlich ein Vorzeigeschwabe, fleißig, strebsam und heimatverbunden. Geboren 1938 in Stuttgart . In Feuerbach zur Schule gegangen – das heutige Leibniz-Gymnasium hieß damals noch Oberschule für Jungen.Dann eine kaufmännische Lehre bei Salamander in Kornwestheim – Auszubildende nannte man damals noch “Stift”. Diesen Beruf nach beendeter Lehre nie ausgeübt. Stattdessen Ausbildung zum Lehrer am Pädagogischen Institut in Stuttgart – heute nennt man solche Ausbildungsstätten PH.

Die erste Stelle als Lehrer in Untergröningen im Ostalbkreis –
ein sechs J ahre währender beruflicher Auslandsaufenthalt sozusagen, wenn auch im befreundeten, weil für Stuttgarter sprachverwandten Ausland. 1967 dann die Heimkehr nach Pleidelsheim durch eine Stelle als Lehrer an der dortigen Grundschule. Weitere Stationen sines Lebens: 1977 Konrektor, 1980 Gemeinderat, 1984 Amt des stellvertretenden Bürgermeisters in Pleidelsheim und dann:

Poet, Dichter, Verslesschreiber!?

Wie kommt ein altehrwürdiger Herr, ein rechtschaffener Schwabe, ein gestandener Grundschulrektor, ein abgeklärter Gemeinderat und angesehener Bürgermeister Stellv-ertreter dazu, sich in gereiftem Alter der vermeintlich brotlosen Kunst des Dichtens hinzugeben? Was treibt einen Fußball und Tischtennis-begeisterten Sportfan, der seit Jahrzehnten mit Freunden kegelt und Skat spielt, dazu, im stillen Kämmerlein poetische Verse zu schmieden? Was veranlasst einen schwäbischen Honoratioren, der gerne kocht, Briefmarken sammelt, Edgar Wallace und Agatha Christie liest, einfache und alltägliche Beobachtungen und Begebenheiten in Mundartreime zu fassen?
Wie so oft ist die Antwort einach und vielschichtig zugleich. Zum ersten Gedicht kam Rolf Gerlach wie die besagte Jungfrau zum Kind, nämlich über eine ebenso simple, wie ungewollte Auftragsarbeit. Zum 50. Geburtstag eines Kegelfreundes sollte auf Beschluss der Mitkegler ein Gedicht verfasst werden, und so hieß es lapidar : “Du bisch Schulmeister, du schreibsch!” Wie s’Leba halt so manchmal spielt… Dadurch allein wird man natürlich noch nicht zum Dichter, jedoch ein erster Schritt war getan. Rolf Gerlach entdeckte bei sich die Freude am Schreiben und Reimen in seiner Muttersprache, dem Stuttgarter Schwäbisch. Und die geneigte, schmunzelnde, zuweilen kräftig lachende Zuhörerschaft attestierte ihm eine Naturbegabung – Balsam für die beim Erstlingswerk noch sehr geplagte Dichterseele; Ansporn und Motivation für den Neu-Poeten zum munteren Weiterreimen.

Sein zweifellos vorhandenes Talent könnte man auf eine Art extrafamiliäre Vererbung zurückführen, denn Rolf Gerlachs Schwiegervater war kein geringerer als Erich Hermann, besser bekannt als Rundfunkfritzle. Der legendäre Komiker der Extraklasse, welcher dieser Tage übrigens 90 Jahre alt geworden wäre, brachte in der Nachkriegszeit die Säle zum Brüllen und Kreischen. Manche werden sich noch an die große “Maggi Fritzle Tournee” erinnern,welche besagtes Rundfunkfritzle von 1953 bis 1960 mit einem Riesenerfolg durch ganz Deutschland führte. In Rolf Gerlachs erstem Buch, “Scho bassiert!”, sind denn auch Anregungen und Einflüsse des berühmten Verwandten unverkennbar. So taucht in seinen Gedichten immer wieder ein Fritzle auf, und macnhes witzige Gedichtle basiert auf Späßen des berühmten Herrn Schwiegerpapa.

Doch der Großteil der Gedichte Rolf Gerlachs erzählt alltägliche Geschichten . Grad so wie’s oim selber scho mal passiert isch, oder besser no, em a andera, den mr kennt! Am besten kramt sich’s halt im Selbsterlebten! Die besten Geschichten schreibt immer noch das Leben des Nachbarn. Und hier schließt sich der Kreis. Gerade Gerlachs Bodenständigkeit, seine Verbunden-heit zur schwäbischen Heimat, seine gewachsene gesellschaftliche Ver-wurzelung in seiner schwäbischen Gemeinde, sein politisches und pädagogisches Engagement haben vermutlich seinen Blick geschärft für seine trefflichen Beobachtungen schwäbischer Begebenheiten, Seltsamkeiten, Raffinessen und Unzulänglichkeiten. Sie haben seine Sinne sensibilisiert für die sonderlichen Taten von Käuzen und die Untaten von Schlitzohren und Galgenstricken, seine Antennen justiert auf das Erkennen von Verschrobenheiten, Unzulänglichkeiten und Merkwürdigkeiten. Diese feste Verankerung in seiner Umgebung öffnet ihm die Perspektiven, nicht nur ganz nah dran, sondern mittendrin zu sein.Er schaut dem Volk nicht nur aufs Maul, er ist Teil dieses Volkes. Und er schreibt die Geschichten dieses seines Volkes in der Sprache seines Volkes, in Schwäbisch. In feinstem Stuttgarter Schwäbisch.
Und feinstes Schwäbisch kann mitunter ganz schön grob und deftig sein. Das muss sogar so sein, wenn man schwäbisch schreibt und denkt – so sen mir halt! Gradraus, deutlich und net verschrocka.

Die Journalistin Uta Schlegel-Holzmann urteilt in den “Stuttgarter Nachrichten”: “Also eine Poesie mit Bodagfährtle. Sie ist so herzhaft wie eine schwäbische Schlachtplatte, bekömmlich wie ein Rostbraten, manchmal räß wie Most oder Wein, der grad seine Süße verliert, und auf jeden Fall süffig wie ein Trollinger. Mit einem Wort: urschwäbisch.” Und der Erfolg gibt Rolf Gerlach recht, denn seine Bücher gehen weg wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln, welche bei ihm natürlich Weggla heißen – oderWecka? Da bin ich mir als Nicht-Stuttgarter nicht so ganz sicher. Hier schreibt einer mit einfachen schwäbischen Worten über die einfachen und die einfach komplizierten Dinge des Lebens. Mal kalauernd, mal sentimental, mal rotzfrech oder grob, dann wieder sensibel, feinfühlig und immer mit treffenden Pointen. Und immer mitten aus dem Leben. Und eng am Herzen, Bauch und Hirn des Lesers.

Und so nimmt es nicht wunder, dass Rolf Gerlach laufend zu Lesungen eingeladen wird. Auch im Studio des Südwestrundfunks war er schon zu Gast und hat aus seinen Büchlein gelesen. Gerlachs Bücher sind allesamt liebevoll aufgemacht und illustriert. Wie es sich für einen vom Kaliber Gerlachs gehört, selbstverständlich von Könnern des jeweiligen Genres.

Und wen wundert’s, dass er auch diese Könner in seiner unmittelbaren Nachbarschaft gefunden hat:

Alles aus einem Guss. Von Schwaben für Schwaben. Und so nimmt man es Rolf Gerlach als ehrliches Bekenntnis ab, wenn er sein Anfangsgedicht in seinem neuen Büchle mit dem Vers beendet:Mei Schwobaland, des woiß i gwieß, isch hier uff Erda ‘s Paradies. Als Schwob möcht i uff dera Erda wenn’s goht, nomal gebora werda.


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